Artikel - Autoinflammation und unklares Fieber
1. Was versteht man unter Fieber unklarer Genese (FUO)?
- Der Patient muss mindestens 3 Wochen krank sein
- Die Körpertemperatur muss in dieser Zeit 38,3 °C mehrmals übersteigen
- Eine ambulante bzw. stationäre Abklärung ergibt keine ausreichende Diagnose
2. Wie hoch ist der Anteil der Fälle mit Fieber unklarer Genese, bei denen es sich bei genauer Überprüfung doch eine Diagnose gestellt werden kann?
Über 80% der Fälle mit Fieber unklarer Genese lassen sich aufklären, wenn in einem zweiten Untersuchungsanlauf durch spezialisierte Ärzte auch seltene Erkrankungen überprüft werden. Hierzu gehören neben seltenen Infektionserkrankungen, Autoimmunerkrankungen, autoinflammatorische Erkrankungen aber auch z.B. Stoffwechselerkrankungen
3. Was sind autoinflammatorische Erkrankungen (AID)?
Die meisten autoinflammatorischen Erkrankungen gehen mit Fieber unklarer Genese einher. Durch eine zu starke Aktivierung des angeborenen Immunsystems werden Makrophagen und neutrophilen Granulozyten aktiviert. Bei vielen dieser Erkrankungen liegt eine genetisch vererbte Störung in einem der Proteine vor, die am Signalweg von Interleukin 1 beteiligt sind (z.B. Inflammasom NRLP3).
4. Lassen sich autoinflammatorische Erkrankungen sicher diagnostizieren?
Erste Hinweise auf das Vorliegen einer autoinflammatorischen Erkrankung können sogenannte Biomarker liefern (z.B. MRP 8 (S100A8), MRP 14 (S100A9), S100A12 oder Serum-Amyloid A). In Zusammenschau mit der Erkrankungsgeschichte und den Symptomen des Patienten können Spezialisten dann gezielt nach Veränderungen in bestimmten Genen suchen lassen. Auf diese Weise läßt sich heutzutage in der Mehrzahl der Fälle eine sichere Diagnose stellen
5. Sind autoinflammatorische Erkrankungen behandelbar?
Viele Patienten können heute, nach Sicherung der Diagnose eine effektive und auch nebenwirkungsarme Therapie erhalten. Frühzeitig eingesetzt ermöglicht das eine weitgehend ungehinderte Entwicklung der betroffenen Kinder und hilft Dauerschäden zu vermeiden.
6. Muss jede autoinflammatorische Erkrankung behandelt werden?
Die Notwendigkeit einer Behandlung hängt von der Erkrankung selbst, dem genetischen Befund, der Schwere und Häufigkeit von Erkrankungsschüben und Bedrohung des Patienten durch Folgeschäden ab. Die Entscheidung zur Behandlung sollte daher immer individuell erfolgen.
7. Sind autoinflammatorische Erkrankungen heilbar?
In den meisten Fällen sind die Patienten lebensläglich von ihrer Erkrankung betroffen. Die heute zur Verfügung stehenden Therapien können einen Stillstand der Erkrankungsaktivität aber keine Heilung bewirken. Bei einigen Erkrankungen läßt die Aktivität jedoch im Laufe des Lebens deutlich nach, so dass die Therapie verringert oder nahezu ganz eingestellt werden kann.
8. Welches ist die häufigste autoinflammatorische Erkrankung?
Am häufigsten wird das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) beobachtet. Etwa 50% aller Fälle manifestieren sich innerhalb der ersten 5 Lebensjahre. Das FMF ist durch autosomal-rezessiv vererbte Mutationen im MEFV bedingt und erfordert eine lebenslange tägliche Therapie mit Colchizin. Bei Colchizinunverträglichkeit werden IL1-blockiernede Mittel gegeben
9. Was bedeutet CAPS?
CAPS steht für Cryopyrin assoziiertes periodisches Syndrom, eine seltene, ebenfalls genetisch determinierte Störung im Interleukin 1 Signalweg. Es existieren drei Ausprägungsformen des CAPS: (a) das chronische infantile neurologische kutane artikuläre Syndrom (CINCA) mit Beginn im Säuglingsalter und schwerem Verlauf, (b) das Muckle-Wells-Syndrom (MWS) hat weniger gravierende Folgen, kann jedoch mit einer Innenohrtaubheit einher gehen, (c) die familiäre Kälteurtikaria äußert sich durch Hauterscheinungen und Fieber nach Kälteexposition und muß zumeist nicht medikamentös behandelt werden.
10. Wer ist Ansprechpartner für die Abklärung von Fieber unklarer Genese, oder bei Verdacht auf eine autoinflammatorische Erkrankung?
Patienten mit einem unklaren Fieber bzw. dem Verdacht auf eine autoinflammatorische Erkrankung sollten sich in einem spezialisierten Zentrum vorstellen. Dies sind in den meisten Fällen kinderrheumatologische Einrichtungen. Die meisten Autoinflammatoischen Erkrankungen wurden von Kinderrheumatologen entdeckt. Auch haben die Kinderrheumatologen die größte Erfahrung in der Behandlung dieser Erkrankungen. Am Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie werden seit mehr als 25 Jahren Patienten mit derartigen Erkrankungen erfolgreich behandelt.